Lehreraustauschprogramm – Finnland – Helsinki

München, 06.05.2022 – Mein erstes Lehrerpraktikum geht also nach Finnland. Was mich da so erwartet … um ehrlich zu sein, so ganz weiß ich das nicht. Beim Blick auf das 9tägige Programm ist mir aber eines klar. Mit Urlaub hat das nichts zu tun. Mit mir im Flugzeug fünf Kollegen/-innen und sechs Schüler/-innen. Die Schüler bleiben insgesamt drei Wochen und arbeiten vor Ort in Unternehmen ihres Ausbildungsbetriebes.

Wenn ich mir die Lehrergruppe so anschaue, könnte die Reise spannend werden. Ein bunter Mix an Persönlichkeiten. Die erste Herausforderung wartet auf Herrn Wachter und mich bei der Abholung des Mietwagens. Der Weg zurück zum Flughafen um die wartenden Herrn Hechenberger, Frau Dülmer, Frau Möhrle und Frau Höller abzuholen entwickelt sich zu einer Irrfahrt. Aber schon vier Flughafenrunden später hatten wir die Einfahrt zum Parkdeck gefunden.

Gespannt bin darauf zusammen mit fünf privat eher unbekannten Menschen 9 Tage in einem Haus zu wohnen und täglich 24 Stunden zusammen zu verbringen. Na das kann ja heiter werden, aber es verläuft besser als gedacht. Man kann es mit den Kollegen schon aushalten. Irgendwie findet jeder sehr schnell seine Rolle im Team. Nach einem langen Tag der Anreise sind wir nun endlich in unserem Haus. Erste Challenge – Pizzabestellung auf Englisch mit einer rein finnischen Speisekarte. Alle Gerichte entsprechen in etwa dem, was wir auch bestellen wollten.

Mit dem Montag beginnt „der Ernst des Lebens“. Wir werden sehr herzlich und wertschätzend von unserer Partnerschule empfangen. Von Anfang spürt man, des „menschelt“. Ab jetzt heißt es acht Stunden täglich Kommunikation auf Englisch. Was anfangs echt noch anstrengend ist, entwickelt sich im Laufe der Woche. Unser Englisch wird flüssiger und souveräner. Somit schon mal der erste Weiterbildungseffekt.

Was ist sonst noch alles geboten? Wir bekommen eine Vielzahl an Eindrücken geboten, die uns immer wieder darüber diskutieren lassen, ob das denn auch bei uns an der Schule möglich wäre. Der erste Tag beginnt sofort mit so einem „WOW-Effekt“. Es gibt in Finnland Gratisfrühstück an den Schulen und das täglich. Montag war Porridge auf dem Programm, Dienstag gab es Milchreis.

Wir besichtigen die komplette Schule und entdecken immer wieder Interessantes. Das reicht von Einrichtungsideen einer Schule, über verschiedene Unterrichtskonzepte bis hin zu einem ganz anderen Verständnis der Lehrer- bzw. Schülerrolle. Die Schüler haben volle Freiheit im Unterricht, aber auch vollständige Eigenverantwortung für ihre Leistungen. Der Lehrer dient eher als stiller Begleiter des Lernprozesses. Wir entdecken sowohl Vor- als auch Nachteile dieser anderen Philosophie.

Darüber hinaus sind wir Teil verschiedener Workshops. Einen Tag beschäftigen wir uns mit der Thematik „Digitaler Unterricht“, an einem anderen Tag mit „Diversität, Mobbing und Gleichbehandlung“. Zusätzlich besuchen wir unterschiedliche Unterrichtskonzepte und bekommen Einblicke in den praktischen Unterricht.

Außerhalb der schulischen Themen stehen auch Firmenbesuche auf der Agenda. Neben der Schülerfirma, bei der die Auszubildenden einen Second-Hand-Shop betreiben, gewannen wir Einblicke in ein Unternehmen, das elektronische Produkte für die nationale Sicherheit herstellt. Eine Apfelweinfabrik und eine Papierfabrik gehörten ebenfalls zu unserem Programm.

Zusätzlich waren wir im Bereich „Nachhaltigkeit“ unterwegs. Dazu gehörte der Blick hinter die Kulisse eines Modeunternehmens. Die dort produzierten Modeartikel waren allesamt hergestellt aus Materialien die weggeworfen oder entsorgt wurden. Das Naturreservoir „Hawkhill Nature“ rundete unsere Programmpunkte im Bereich Nachhaltigkeit ab. Hier ging es um Lebenskonzepte im Einklang mit der Natur. Das reichte von Müllvermeidungsstrategien über energieeffizientes Wohnen bis hin zur Wildkräuterschulung.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten. Es war sehr interessant und abwechslungsreich, aber auch äußerst intensiv. Wir sind regelmäßig abends müde in unsere Betten versunken. Es war jedoch kulturell, schulisch, fachlich und vor allem menschlich ein Gewinn und ich kann jedem nur empfehlen, die Chance eines Auslandspraktikums wahrzunehmen.

Stefan Ferber